Lieber Schmuck,
es gibt Tage, an denen messe ich dir nicht genug Bedeutung bei, weil das Lipödem, die Kompression und mein Selbstmanagement einen sehr großen Platz in meinem Leben einnehmen. Deswegen schreibe ich dir heute diesen Liebesbrief, damit du weißt, dass du für mich wirklich unersetzlich bist und warum das so ist.
Früher habe ich mich kaum für Mode und noch weniger für Schmuck interessiert. Irgendwie ging es nur darum, bekleidet zu sein. Jahrelang habe ich Kleidung nur danach ausgewählt, ob sie passt. Doch seit einigen Jahren macht mir die Mode so viel Spaß - es gibt so viele Farben, Muster und Stoffe, die man wundervoll miteinander und zur Kompression kombinieren kann. Und auch das ein oder andere Schmuckstück fand so seinen Weg in meine Hände.
Und so begann unsere Liebesgeschichte. Mit vielen Kleidungsstücken ging ich nur eine kurzzeitige Liaison ein. Gerade die Hosen, die ich früher kaufte, scheuerten an den Beinen schnell auf. Dazu kam, dass sich durch unzählige Diäten und Rückfälle immer wieder meine Kleidungsgröße veränderte. Manch eine Lieblingshose war schon Monate später zu eng und manchmal auch zu weit. Die Beziehungen waren oft sehr kurzweilig und immer öfter auch mit Enttäuschungen verbunden.
Doch du, Schmuck, warst immer treu an meiner Seite. Da du keiner Konfektionsgröße unterworfen bist, hast du mich nie alleine gelassen und so die verschiedensten Outfits mit deinem Glanz bestrahlt.
Ob Winter oder Sommer, es gibt immer neue Kombinationsmöglichkeiten. In Form von Ringen und Armbändern schmückst du meine Arme und Hände, wenn ich meine Armkompression mal nicht trage oder sie schon abgelegt habe. Und wenn ich sowohl Arm- als auch Beinkompression trage, verpasst du meinem Outfit mit Ohrringen und Ketten den richtigen Schliff. Besonders im Winter gefällst du mir in Form von Ohrringen, denn du bleibst sichtbar, egal wie dick ich eingemummelt bin. Während Armbänder, Ringe und Ketten unter Handschuhen, Jacken und Schals verschwinden, bringen Ohrringe genau die richtige Priese an Glamour in mein kuscheliges Outfit.
Du kommst in der Gestalt von textilen Schmuckstücken oder metallisch und wunderbar glänzend. Du bist so vielseitig, dass ich immer wieder neue Facetten von dir entdecke.
Oh Schmuck, ich bin froh, dass es dich gibt und du einfach immer „passt“ und ich weiß, dass du auch nach den Weihnachtsfeiertagen nicht zu eng bist. Danke, dass die Beziehung mit dir so herrlich unkompliziert ist.
Neulich habe ich diesen Spruch gelesen: „Schmuck wird nicht die Welt verändern, aber Frauen, die ihn tragen, werden es.“ Ich finde, das trifft so gut auf uns zu, denn es gibt Tage, an denen fühle ich mich nicht gut. Doch dann wähle ich ein besonders schönes Paar Ohrringe - zum Beispiel meine Creolen in Herzform - die mich einfach daran erinnern, dass ich nicht perfekt sein muss, um mich selbst zu lieben und von anderen geliebt zu werden. Sie erinnern mich daran, was ich schon alles geschafft habe und dass ich eine Superheldin durch und durch bin.
Das mag für andere vielleicht etwas komisch klingen, doch für mich ergibt es so unglaublich viel Sinn. Ein bisschen erinnert es mich auch an die Superheld*innen aus den Comics und Filmen: oft haben diese einen bestimmten Gegenstand oder ein Schmuckstück, dass ihnen magische Kräfte verleiht oder zum Beispiel im Fall von Sailor Moon bei der Verwandlung vom Schulmädchen zur selbstbewussten Kriegerin für Liebe und Gerechtigkeit verhilft.
Und das bist du an manchen Tagen für mich.
Ich lege dich an und werde zur selbstbewussten Lipödemkämpferin, denn du unterstreichst das Funkeln, dass ich bereits in mir trage.
Danke.
In Liebe.